Bürgerverein Aegidienberg droht das Aus

Bürgerverein Aegidienberg droht das Aus

Beliebter und engagierter Verein fehlt 53 Jahren nach seiner Gründung der Nachwuchs für den Vorstand. Gründungsmitglied berichtet

Von Claudia Sülzen

Aegidienberg. Alles begann mit der Wasserversorgung. Oder exakter: der fehlenden Wasserversorgung. „Sie müssen sich vorstellen, sie drehen den Hahn auf, und nix passiert. Da weiß man erst mal, was es heißt, kein Wasser mehr zu haben“, sagt Gert Bellinghausen. Der Kampf um die gesicherte Wasserversorgung war es, der im Nachgang der kommunalen Neuordnung 1969 zur Gründung des Bürgervereins Aegidienberg führte. Dass der Verein – vom Start weg mit Expertise und vor allem einem guten Schuss Hartnäckigkeit – schließlich die bis dahin fehlende Infrastruktur wie der einheitlichen Wasserversorgung voranbrachte, ist Geschichte. Dass dasselbe bald auf den Bürgerverein zutreffen könnte, dem 87-Jährigen bereitet das Bauchschmerzen. Denn: 53 Jahre nach seiner Gründung steht der Bürgerverein vor dem Aus.

Wenn die Suche nach einem neuen Vorstand nicht gelingen sollte, ist Ende Oktober Schluss: ein Weckruf, so hoffen Bellinghausen und seine Mitstreiter. Gründungsmitglied Bellinghausen ist von Anbeginn an im Vorstand aktiv. Ein Ende des Vereines wäre zum Nachteil der Interessen Aegidienbergs, davon ist der Diplom-Ingenieur im Ruhestand überzeugt. Dennoch steht der an: „Antrag auf Auflösung des Bürgervereins nach Paragraf 41 BGB, soweit sich keine weiteren Interessenten zur Mitarbeit im Vorstand bereit erklären“, heißt es formal-sachlich unter Punkt drei der Hauptversammlung des Vereins am Freitag, 24. Oktober. Und weiter: „Beschluss über die Abwicklung der Auflösung (Bestellung von Liquidatoren).“

Trockene Sommer bringen hitzige Debatten in Aegidienberg

Es wäre eine wirkliche Zäsur, so Bellinghausen. Und damit ein Schritt, der den Akteuren alles andere als leicht fallen würde, nach vielen Jahren und ebensolchen Projekten, die der Verein begleitet hat wie zuletzt der Anerkennung des historischen Butterwegs durch den Landschaftsverband 2023.

Vor mehr als einem halben Jahrhundert waren es gewissermaßen mehrere trockene Sommer in Folge, die das Thema Bad Honnef-Aegidienberg auch im übertragenen Sinn aufheizten. Seit 1969, mit der kommunalen Neuordnung, gehörte Aegidienberg mit seinen damals rund 3500 Einwohnern (heute an die 8000) neu zu Bad Honnef – eine Zwangsehe, die nicht gerade vom Start weg eine Liebesheirat war. Aegidienberg war so etwas wie das Anhängsel des größeren Tals mit mehr als doppelt so vielen Einwohnern und hatte auch infrastrukturell „einiges an Nachholbedarf“, so Bellinghausen. Wie eben beim Wasser. Aber nicht nur da.

Die trockenen Sommer Anfang der 70er Jahre trieben die Diskrepanz, wenn man so will, auf die Spitze: Da die Wasserversorgung in Aegidienberg anders als im Tal, dort mit der Bad Honnef AG, nicht geregelt war, standen nicht nur die Haushalte, sondern auch etwa die landwirtschaftlichen Betriebe ohne Wasserversorgung da. Die Aegidienberger legten die Hände nicht in den Schoß, wurden aktiv. Bellinghausen: „Da gab es eine Bürgerversammlung im Hotel Dahm mit an die 300 Leuten.“

Dass erst nichts passierte, die Verantwortlichen im Bad Honnefer Tal das Drängen der Aegidienberger wohl nicht ausreichend ernst nahmen, brachte die Aegidienberger umso mehr auf. Sie suchten sich eigene (Versorgungs-)Partner außerhalb der Stadt, arbeiteten sogar Verträge aus. Und erhöhten damit am Ende den Druck derart, dass Aegidienberg schließlich doch ernst genommen wurde. Und Abhilfe erfolgte – mit Wasserleitungen wie im Tal. Ein Erfolg. „Das war die Geburtsstunde des Bürgervereins“, erinnert sich Bellinghausen an diese Tage in den 70er Jahren.

Viele weitere Projekte sollten folgen. Sind die Investitionen im Stadtteil wirtschaftlich und dringlich, wie steht es um den Ausbau von Rad- und Gehwegen, was wird getan, um den Tourismus zu fördern? Alles das sind Fragen, die der Bürgerverein kritisch begleitete. Längst ist Aegidienberg das Wachstumsgebiet Nummer eins im Stadtgebiet: mit Baugebieten für Familien, größter Grundschule der Stadt, moderner Turnhalle, Nahversorgungszentrum. All dies ist Grund genug, die Anliegen sogar noch ernster zu nehmen, etwa die Bedeutung für den Tourismus wie mit historischen Wegen, laut Bellinghausen immer noch Stiefkind in Sachen Fremdenverkehr.

Was den Bürgerverein anging, ging es dann unter anderem um ein attraktiveres, wesentlich verbessertes Wanderwegenetz inklusive Brücken über den Logebach, Aufstellung von Ruhebänken und Hinweistafeln sowie Werbung für Gaststätten, Cafés und Übernachtungsmöglichkeiten. Bellinghausen: „Während der Tourismus im Tal an Bedeutung gewann, spielt Aegidienberg keine Rolle.“ Dabei, so Bellinghausen, gebe es gerade hier viel Potenzial. Ein eigenes Entwicklungskonzept für den Stadtteil, abgestimmt auf ein städtisches Gesamtkonzept mit Wohn- und Gewerbegebieten, Schulen, Kindergärten und Sportstätten, stehe auf der Wunschliste.

„Der Bürgerverein ist ein echtes Sprachrohr der Bevölkerung“

Selbst gut 2500 Flyer mit dem Appell, sich im Bürgerverein zu engagieren, ergaben nur wenige Rückmeldungen und damit nicht den erwünschten Erfolg, so Bürgervereinsvorsitzende Helga Bosbach-Feinhals. Seit Corona und den Folgen, die wie vielen Vereinen auch dem Bürgerverein Aegidienberg Einbußen beschert hätten, bemühe man sich schon intensiv um Nachfolger. Bisher vergebens. „Wir sind alle älter geworden, und viele sehen sich der Aufgabe nicht mehr gewachsen“, so Bosbach-Feinhals: „Es wäre gut, die Leute aufzuwecken, weil ein Bürgerverein eine wichtige Aufgabe erfüllt.“ Denn, so Bellinghausen: „Der Bürgerverein ist keine Partei, er ist ein echtes Sprachrohr der Bevölkerung, unabhängig, muss keine Kompromisse schließen.“

Dass der Bürgerverein dennoch nicht ausreichend wahrgenommen werde, Gründungsmitglied Bellinghausen erfüllt es mit Wehmut: „Wir brauchen eine unabhängige Lobby der Interessen der Bürgerinnen und Bürger von Aegidienberg“, sagt der 87-Jährige. Dies sei auch Jahrzehnte nach der „Verheiratung Aegidienbergs mit Bad Honnef“ nötig. Im besten Fall mit Expertise, wie es sie sicher im Ort gibt.

DER BÜRGERVEREIN

Appell an 2500 Haushalte verhallt bislang erfolglos

Mit einem Schreiben hatte sich der Verein an die Einwohner von Aegidienberg gewendet, insgesamt 2500 Flyer wurden verteilt. Darin heißt es: „Alter und Krankheit haben unsere Vorstandsmannschaft erheblich geschwächt. Für unseren Vorstand suchen wir daher dringend Bürgerinnen und Bürger, die an der Verbesserung der Wohn- und Lebensverhältnisse in unserem Stadtteil Aegidienberg mitwirken und seine Entwicklung aktiv mitgestalten wollen.“ Der Bürgerverein sei im Januar 1972 gegründet worden, ein eingetragener Verein, unabhängig, überparteilich und überkonfessionell. Er kenne die örtlichen Verhältnisse und wisse um Mängel und Unzulänglichkeiten, nehme Anregungen und Wünsche aus der Bürgerschaft entgegen und pflege Verbindungen zu Behörden, Verwaltungen und Ämtern. Er könne dort Anliegen und Wünsche wirkungsvoller vortragen als der einzelne Bürger.

Schwerpunkte waren bisher: die Versorgung unseres Stadtteils mit Trinkwasser, der Generalentwässerungsplan, Gestaltung des Sport- und Erholungsparks Himberger See einschließlich Strandbad, fachliche Begleitung der Kommunalpolitik (Stadtentwicklungsplan, Bebauungspläne, Kindergärten und Schulwesen, Verkehrsverhältnisse, ÖPNV), Pflege des Naherholungsgebietes im nahen Siebengebirge (Wanderwege, Beschilderung und Ruhebänke), Mitarbeit im Fachbeirat Naturpark Siebengebirge, Umgestaltung des Aegidiusplatzes, Mitwirkung bei der Planung und der Ausführung des Geschichtswegs in Aegidienberg sowie Herausgabe eines Heimatbuches und Broschüren über den Butterweg und die Separatistenkämpfe in Aegidienberg.

Wer in Aegidienberg wohnt und dessen zukünftige Entwicklung mitgestalten will, wende sich an die 1. Vorsitzende Helga Bosbach-Feinhals,E-Mail: buergerverein(dot)aegidienberg(at)web(dot)de. suc

Quelle: General-Anzeiger-Bonn vom 16.10.2025


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