„Op de Hüh“ steht zum Verkauf

Administrator (admin) on 05.11.2022

Susanne Schmidt berichtet, warum das Landgasthaus geschlossen hat und sie sich von der historischen Hofanlage trennt

„Op de Hüh“ steht zum Verkauf

Susanne Schmidt berichtet, warum das Landgasthaus geschlossen hat und sie sich von der historischen Hofanlage trennt

 

Von Claudia Sülzen

ROTTBITZE. | Den Abzweig könnte man tatsächlich übersehen: Von der viel befahrenen Rottbitzer Straße weist ein Schild den Höheweg hi-nunter. Vorbei an schmucken Eigenheimen nähert sich der Besucher einem Ort fern jeden Verkehrslärms, der über zwei Jahrzehnte mit gehobener und familiärer Gastlichkeit von sich reden gemacht hat: dem Landgasthaus Op de Hüh. Die Vergangenheitsform hat, zum Kummer vieler Gäste, ihre Berechtigung: Die Tore des schmucken Restaurants sind geschlossen. Jetzt sucht die Hofanlage aus dem 19. Jahrhundert zudem einen neuen Besitzer – oder, wie es Inhaberin Susanne Schmidt ausdrückt, einen neuen Liebhaber, der in diesen historischen Wänden seine eigene Geschichte schreibt.

So wie es einst Susanne Schmidt und ihr Mann Jens getan haben, als sie die verfallende Hofanlage Ende der 90er-Jahre unter ihre Fittiche nahmen. Die Bilder, die die 62-Jährige aus der Zeit der Kernsanierung zeigt, geben einen Eindruck davon, wie es losging: Lehmboden in der Scheune, die später gemütlicher Gastraum samt ehemaliger Treppe zum Boden werden sollte, kaputte Holzdielen und -balken, löchrige Fassaden und Dächer - da war jede Menge Arbeit gefragt. Ein Mammutprojekt? Gewiss, „aber es ging doch schneller als gedacht“, sagt Susanne Schmidt.

Zur Jahrtausendwende wurde Op de Hüh zum Landgasthaus – ein Traumprojekt für das Aegidienberger Mädchen, geborene Efferoth, und den gebürtigen Timmendorfer. Beide, Gastronomen von der Pike auf, hatten sich in den 80er-Jahren als Crew-Mitglieder der MS Europa kennen- und liebengelernt. Sie machten sich später selbstständig, zunächst in einem gepachteten Objekt. Ihr Herz aber verloren beide an dieses alte Gehöft, das Teil der Familiengeschichte von Susanne Schmidt ist. „Mein Ur-Ur-Großvater wurde in dem Haus geboren, ebenso seine sieben Brüder“, erzählt sie. Bilder des Urahns und seiner Geschwister hängen nach wie vor in der Gaststube.

Über Erbfolge kam das Anwesen schließlich in den Besitz einer Erbengemeinschaft, bis Susanne Schmidts Vater Franz Efferoth es sozusagen für die Familie zurück erwarb. „Ich war immer begeistert und wollte es haben“, so Susanne Schmidt. Das Exposé verdeutlicht, wie viel Arbeit in dem 1999 kernsanierten und 2013 modernisierten Objekt steckt: Das separate Wohnhaus mit 106 Quadratmetern, dazu das eigentliche Landgasthaus – ehemals Scheune – mit 204 Quadratmetern plus Wintergarten, das sogenannte Backhaus mit dem großen, rustikal anmutenden Ofen, aus dem zum Beispiel Flammkuchen kredenzt wurde, ein separates Einliegerappartement, vier gegenläufig uneinsehbare Terrassen, alles liebevoll gestaltet und bepflanzt: ein Idyll. Desweiteren gibt es noch zwei Baugrundstücke.

Da gerät auch Immobilienmakler Oliver Stockhausen, der das Anwesen im Portfolio hat und als Aegidienberger von jeher gut kennt, ins Schwärmen: „Das ist schon ein ganz besonderes Objekt“, sagt er. Und dass die Aegidienberger immer wieder fragten: Was wird wohl aus „ihrem“ Op die Hüh? „Es war damals ein absolutes Liebhaberobjekt und es wird immer eines bleiben“, ist Schmidt sicher. Die Entscheidung für den Verkauf ist auch eine zutiefst emotionale. Am Anfang stand ein schmerzlicher Verlust: 2019 erlag ihr Mann Jens, auch Seele der Küche im Op de Hüh, einer schweren Krankheit. Aufgeben kam nicht infrage, „ich wollte weitermachen. Und das ging anfangs auch gut“, sagt sie. Tochter Louisa Marie (29), die Weinwirtschaft studiert hat, stieg zusätzlich mit ein - doch dann kam Corona.

„Der erste Lockdown, der war ja noch nicht ganz so schlimm“, sagt Susanne Schmidt. Der zweite Lockdown hingegen traf das Gasthaus, das von kuscheliger Gemütlichkeit wie in einer guten Stube ebenso lebte wie von kulinarischen Genüssen, schon härter. „Einen solchen Betrieb über sieben Monate stilllegen zu müssen, das haut rein.“

Zudem: Mitarbeiter orientierten sich während des Lockdowns natürlich beruflich um, als wären die Zeiten in der Gastronomie nicht schwer genug. „2021 haben wir dann gesagt, wir machen das Jahr noch voll, dann hören wir auf.“ Es war ein Abschied auf Raten. Im November 2021 stoppte das À la Carte-Geschäft, während Feiern auf Anfrage nach wie vor möglich blieben. Die Entscheidung, sich nun komplett vom Op de Hüh zu trennen, fiel dennoch schwer.

„Aber ich habe auch gemerkt, es tut mir nicht gut, es zieht mich runter“, sagt Schmidt mit entwaffnender Offenheit: Jeder Balken, jede Fliese erinnert auch an den enormen Verlust, den sie erlebt hat. Die Tochter hat sich selbstständig gemacht, ist erfolgreich unter anderem mit einem Genießer-Podcast „Cheers“ zum Thema Wein; sie lebt mittlerweile in Berlin. Sohn Jan (31) ist selbstständig in der IT-Branche und lebt in Hamburg. „Die Kinder leben ihre Träume. Das Op de Hüh war mein Traum und der meines Mannes.“

Zeit für Susanne Schmidt, neu anzufangen – und loszulassen vom Op de Hüh. „Natürlich wäre es mir am liebsten, alles in einem zu verkaufen. Es gäbe sicher tausend Ideen, was man hieraus machen könnte, zum Beispiel Mehrgenerationenwohnen, das fände ich spannend“, sagt sie. Und, mit Verweis auf die (Zins-)Lage auf dem Immobilienmarkt und ein Objekt für rund 1,6 Millionen Euro: „Vielleicht habe ich zu lange gezögert, aber ich war einfach noch nicht so weit – und dann kam auch noch Putin.“ Gleichwohl hofft sie, dass sich jemand schockverliebt in dieses besondere Anwesen – und dort eine neue Geschichte schreibt.

Das Anwesen

Landgasthaus und Wohnhaus

Das Landgasthaus „Op de Hüh“ liegt am Höheweg in Aegidienberg. Errichtet wurde die Fachwerk-Hofanlage um 1850 und bestand aus dem Wohnhaus der Familie und der seitlich angrenzenden Scheune. Das Anwesen hat heute eine Gesamtfläche von 2450 Quadratmetern. 1999 wurde das verfallende Ensemble komplett restauriert; das alte Wohnhaus wurde wieder zu Wohnzwecken genutzt, die Scheune zum Landgasthaus ausgebaut, zu dem auch ein rustikaler Weinkeller gehört. Das Gelände verfügt zudem über einen Nutzgarten, Außenkamin, mehrere Terrassen und Brunnen. Erreichbar ist es von der A 3 (Ausfahrt Bad Honnef/Linz). suc

 

Quelle: General-Anzeiger-Bonn vom 05.11.2022

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