Dunklere Weihnachten

Administrator (admin) on 04.10.2022

Wie Besitzer von für gewöhnlich üppig geschmückten „Weihnachtshäusern“ in der Region auf die Energiekrise reagieren

Dunklere Weihnachten

Wie Besitzer von für gewöhnlich üppig geschmückten „Weihnachtshäusern“ in der Region auf die Energiekrise reagieren

 

Von Ingo Eisner, Victor Francke, Juliane Hornstein und Mario Quadt

REGION. | Wo der Weihnachtsmann wohnt, ist für Kinder aus dem Swisttaler Ortsteil Odendorf ganz klar: in einem bunten Lebkuchenhaus an der Tombergstraße. Schließlich ließ sich der markante Schatten des Weihnachtsmanns dort in vergangenen Adventszeiten stets deutlich hinter den Fenstern zwischen der üppigen Dekoration erkennen. Überhaupt war das Haus von Marc und Silke Schlief stets ein heller Höhepunkt in der dunklen Jahreszeit – mit unzähligen Lichterketten, aufblasbaren Figuren im Vorgarten, Deko-Artikeln und einer Projektion an den oberen Fenstern. Auch das Hochwasser im vergangenen Jahr mit dem Verlust großer Teile ihrer eindrucksvollen Weihnachtsdekoration konnte die Schliefs nicht davon abhalten, ihr Haus erstrahlen zu lassen.

In diesem Jahr aber wird es wohl deutlich dunkler bleiben. Marc und Silke Schlief, die in dem Haus mit ihren beiden Kindern leben, haben sich schon Gedanken über die Festdekoration in Energiekrisenzeiten gemacht. Und werden zumindest auf Beleuchtung und aufblasbare Figuren weitgehend verzichten. „Es bricht uns das Herz“, sagt Marc Schlief. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leichtgemacht.“ Aber angesichts der hohen Gaspreise und Lebenshaltungskosten ist auch bei ihnen Sparen notwendig.

In früheren Zeiten erstrahlten an dem Odendorfer Haus unter anderem LED-Lichterketten mit einer Gesamtlänge von 1200 Meter. Wie viel Strom sie dafür sowie für mehrere Beamer und die großen Figuren mit den Gebläsen verbrauchten, wissen Schliefs gar nicht genau. Die Kosten verteilen sich über einen entsprechenden Abschlag auf das ganze Jahr. Ganz auf Dekoration verzichten möchte die Familie aber nicht. Sie bauen die Verkleidung auf, die ganze Wände in braune Lebkuchen verwandelt. Zuckerstangen im Vorgarten und Bonbons in den Bäumen soll es ebenfalls geben.

Auch ein wenig Strom wollen sie für den Weihnachtszauber verbrauchen. Für ein paar Stunden täglich wird zumindest die Projektion zu sehen sein, die den Weihnachtsmannschatten am oberen Fenster lebendig werden lässt. Die Kinder sollen wissen, dass der noch da ist. Ob Familie Janke ihr Haus an der Lendersbergstraße in Siegburg-Kaldauen in ein illuminiertes Winterwunderland verwandelt, ist indes mehr als fraglich. „Es sieht dafür eher schlecht aus“, sagt Irene Janke. 19 Jahre lang hatte ihr Mann Daniel bereits im Oktober begonnen, das Haus mit Lichterketten auszustaffieren. Vom Montag nach Totensonntag bis in den Januar hinein konnten sich die Passanten an dem Haus erfreuen.

„Die Stromrechnung war bisher immer überschaubar. Da habe ich nie drauf geschaut. Mir war es immer wichtig, dass sich besonders die Kinder an dem erleuchteten Haus erfreuen“, so Janke. Nun will sie aber genau hinschauen. „Wir haben die Zählerstände unserem Stromanbieter mitgeteilt. Von der Rechnung machen wir jetzt abhängig, ob mein Mann aufbaut, oder nicht“, sagt sie weiter. Die Abrechnung erwartet sie in den kommenden Wochen.

Auch ein anderer Aspekt spielt für Familie Janke eine Rolle. „Ich werde in den kommenden Tagen beim Ordnungsamt nachfragen, ob wir das Haus überhaupt weihnachtlich beleuchten dürfen“, sagt Janke. „Es kann ja sein, dass wir in Zeiten, in denen selbst die Straßenlaternen abgeschaltet werden, gar keine Erlaubnis erhalten“, sagt sie weiter. Falls doch und falls die Stromrechnung überschaubar bleibt, würden die Jankes noch mal zur Tat schreiten. „Vielleicht ist ja möglich, das Haus täglich nur von 18 bis 20 Uhr zu beleuchten, aber das müssen wir abwarten“, so Janke.

Gänzlich abgesagt ist das weihnachtliche Lichtspektakel an der Bungertstraße in Himberg, einem Ortsteil von Aegidienberg im Siebengebirge. Man könne ja nicht von der Notwendigkeit zum Energiesparen sprechen und dann halb Himberg beleuchten, sagt Rita Reitinger.

In der Adventszeit ist es federführend ihr Bruder Kurt Faßbender, der das Elternhaus der Geschwister in ein Lichtkunstwerk verwandelt. Dann strahlen am Eingang und an der Garagenauffahrt bunte und weiße Lichterketten. Grün blinkt es auf dem Dach, und wer genau hinsieht, erkennt viele liebevolle Details dieser außergewöhnlichen und aufwendigen Weihnachtsdekoration. Da gibt es Laternen, in denen es schneit. Ein Nikolaus steigt auf dem Dach aus dem Kamin heraus. Rentiere, Schneemänner, sogar ein Hirsch leuchten im Vorgarten um die Wette. „Es sind alles Energiesparlampen“, sagt Reitinger. Brennen während der Adventszeit ab 16.30 Uhr täglich alle Leuchtmittel, kostet das die Geschwister bis zum Abschmücken nach eigenen Angaben für gewöhnlich rund 180 Euro. „Wir haben ausgerechnet, dass es in diesem Jahr dann um die 500 Euro werden könnten. Aber der Hauptgrund, warum wir es nicht machen, ist, dass es leider nicht in die Zeit passt“, so Reitinger. Darum haben die Geschwister auch von einem verkürzten Format – etwa von 17 bis 22 Uhr – Abstand genommen. Dafür sei der Aufwand zu groß.

In Bad Neuenahr-Ahrweiler gehört das an der Ahr gelegene Hotel Villa Aurora zu den besonders schön illuminierten Gebäuden. Das aus drei Jugendstil-Villen zusammengesetzte Hotel wird derzeit von Grund auf saniert, nachdem es bei der Flutkatastrophe stark in Mitleidenschaft gezogen worden war. Trotz der Zerstörungen hatte Hausherr Christian Lindner in der vergangenen Adventszeit für die Weihnachtsbeleuchtung gesorgt. Im Zusammenspiel mit den Uferlichtern im Kurpark ergab sich so eine besonders festliche Atmosphäre am ansonsten von den Wassermassen zertrümmerten Ahrufer. „Wir wollten in diesen düsteren Zeiten ein Zeichen setzen“, hatte der 39-jährige Hotelier damals erklärt.

Ob es auch in diesem Jahr zur über die Grenzen der Stadt hinaus bekannten Adventsbeleuchtung an seinem Hotel kommt, weiß Lindner noch nicht: „Es gibt noch einige dicke Fragezeichen.“ Er habe großes Verständnis dafür, wenn Menschen angesichts der explosionsartig gestiegenen Strompreise auf derartige Beleuchtungen an ihren Häusern verzichten. Lindner rechnet im Vergleich zum vergangenen Jahr mit dreimal so hohen Kosten. Allerdings sei man „recht gut aufgestellt“, da man bereits im vergangenen Januar neue Stromverträge für das Hotel geschlossen habe.

Im Oktober wolle er kurzfristig mit seiner Familie darüber entscheiden, ob es auch in diesem Jahr wieder das funkelnde Lichtermeer am ansonsten nach wie vor geschlossenen Hotel geben soll.

Die LED-Technik

Hohe Lebensdauer, geringer Stromverbrauch

LEDs („Light Emitting Diodes“) sind winzige Elektronikchips aus speziellen Halbleiterverbindungen. Fließt Strom durch einen solchen Chip, beginnt er zu leuchten.

LEDs sind effiziente Lichtquellen mit einer sehr hohen Lebensdauer von bis zu 50 000 Betriebsstunden, gepaart mit einer extrem kompakten Bauweise. Der Stromverbrauch ist um ein Vielfaches geringer als bei einer herkömmlichen Glühbirne.

Allerdings werden nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin für die Herstellung von LEDs viele Edelmetalle wie Gold, Kupfer und seltene Erden für die notwendige Elektronik immer wieder neu benötigt. meu

 

Quelle: General-Anzeiger-Bonn vom 03.10.2022

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