Jecken feiern nach einem Jahr Pause
Jecken feiern nach einem Jahr Pause
In Aegidienberg, Niederdollendorf und in Oberpleis kommen die Narren zusammen, in Bad Honnef ist Sessionsauftakt abgesagt
Von Gabriela Quarg und Iris Zumbusch
KÖNIGSWINTER/BAD HONNEF. | Das Wochenende nach dem Elften im Elften nutzen die Jecken im Siebengebirge, um ihren Sessionsauftakt zu feiern – oder die ersten Tollitäten zu proklamieren.
Aegidienberg. In Aegidienberg haben die Jecken das Feiern nicht verlernt. Im Bürgerhaus zeigte sich Präsident der KG Klääv Botz, Guido Otterbach, bei der Eröffnung des Programms zur Prinzenproklamation jedenfalls hoch erfreut: „ Wir haben einen voll besetzten Saal, ich bin sprachlos. Das ist der schönste Abend des Jahres“, sagte er.
Mit fröhlichem Schunkeln und Klatschen wurden Elferrat und Prinzenpaar der Session 2019/2020, Uli I und Aegidia Ramona I, im Saal empfangen. Das scheidende Prinzenpaar schickte noch einmal einen heiteren Abschiedsgruß von der Bühne. „Prinzenpaar werden ist eine tolle Erfahrung, das kann ich nur jedem empfehlen“, rief Uli I.
Nun hieß es für das fröhliche Karnevalsvolk sich in Geduld zu üben. „Wer wird denn wohl fortan das Zepter in Aegidienberg schwingen?“, hieß die spannende Frage. Der Spielmannszug, die hinreißenden Fünkchen und die Jungen Trompeter sorgten dafür, dass die Spannung in bester Stimmung gut auszuhalten war. Und endlich: Der rote Vorhang hinter der Bühne öffnete sich. Fröhlich winkend traten die neuen Regenten hervor: Roland I. und Silvia I. (Schramm) zeigten sich ihrem „Jillienberger“ Narrenvolk.
Das Bad in der Menge genoss das Prinzenpaar sichtlich in vollen Zügen. Alle Aufregung war verflogen. „Öffnet üür Hättze, för Minsche und dat Veedel“. Mit diesem Motto – öffnet eure Herzen für Menschen und Ortsteile – wollen die beiden Karnevalisten mit Herzblut durchstarten. „Wir wollen Freude und Frohsinn verbreiten und durch die Gemeinschaft die Herzen der Menschen berühren“, erklärte Roland I und fügte hinzu: „Trotz der großen Herausforderung freuen wir uns auf eine schöne Session“.
Prinz Roland I. und Aegidia Silvia I. sind beide in Essen geboren und aufgewachsen. Ihr gemeinsames Hobby ist das Tauchen. So lernten sie sich auch in einem Essener Tauchverein kennen. Gemeinsame Tauchurlaube folgten, es wurde geheiratet. Der Lebensweg führte das Paar nach Aegidienberg-Hövel, wo sie sesshaft wurden. Der „Bazillus Karnevalitis“ zog bei Familie Schramm ein. Auch die Kinder Celine und Gordon wurden bereits angesteckt.
Niederdollendorf. Der Name der Niederdollendorfer KG „Me brängen et fädig“ ist Programm. „Wir schaffen das“ bedeutet er auf Hochdeutsch und dass die Akteure Karneval stemmen können, haben sie bisher 125 Jahre plus einem bewiesen.
Die Feier zum 125. Jubiläum 2020 musste ausfallen. Das wurde nun, ein Jahr später, im Saal des Arbeitnehmerzentrums in Niederdollendorf nachgeholt. Für die Laudatio war das karnevalistische Urgestein Willi Armbröster erschienen. Dem begnadeten Reimredner war offenbar kein Anekdötchen aus der Historie der KG entgangen. Mit scharfzüngigem Humor nahm er so manch einen Narren aufs Korn. Seine humorvolle Bilanz: „125 Johr dobei – immer Spaß und Narretei, immer laache, springe, danze, keene Knies, keen Diskrepanze. Wer sujet jlöw, der tut mir leid, kennt nicht die wahre Wirklichkeit. Denn was in dieser langen Frist, all in de Botz gegangen ist, das geht gebügelt und gestaut, auf keine Elefantenhaut“, so Armbröster.
Ute Schmidt-Küster, 1. Vorsitzende der KG, ehrte Armbröster hernach für 60-jährige Mitgliedschaft im Verein. Alsdann wurde es unruhig vor dem Saal. Denn: Die neue Kindertollität machte sich bereit für ihren ersten aufregenden Auftritt. Unter dem Jubel der Niederdollendorfer Jecken zog Sharon I. (Lorenz) mit Gefolge auf die Bühne. Silke Frink (Grüne), stellvertretende Bürgermeisterin von Königswinter, begrüßte die neue Kinderprinzessin. Jette I., die scheidende Prinzessin, übergab Umhang, Diadem und Zepter an ihre Nachfolgerin.
„Sharon I. bin ich nun – ab jetzt da gibt es viel zu tun. Ob jung, ob alt, ob groß, ob klein – euch lad ich alle ein, mit mir zu feiern und zu lachen und jecke Sachen mitzumachen“, verkündete Sharon I. Die Zehnjährige ist damit die fünfte Kindertollität in der Geschichte der KG. In der St. Josef Gesamtschule besucht sie die 5. Klasse. Zu ihren Hobbys zählen Leichtathletik, Reiten, Malen und Kochen. „Ich esse gerne Spinat“, verrät sie lachend. Und: Am Sonntag, 16. Januar, wird ab 14.11 Uhr die Hofburg von Sharon I. im Bredershof eröffnet.
Oberpleis. Er ist seit 43 Jahren Mitglied der Blau-Weissen Funken der Narrenzunft Oberpleis, war acht Jahre lang Generalstabschef und neun Jahre im Vorstand aktiv – am Samstagabend ist Achim Kern, der zudem 2007 mit seiner Frau Inge als Prinzenpaar das jecke Volk in Oberpleis regierte, nun für seine Verdienste um den Pleeser Fastelovend mit dem Dankorden der Narrenzunft ausgezeichnet worden.
Auch nach dem Rückzug aus seinen Ämtern 2014 beziehungsweise 2015 hatte Kern sich nämlich nicht karnevalistisch zur Ruhe gesetzt, sondern den „Knubbel“ für alle Mitglieder über 60 Jahre ins Leben gerufen. „Dafür möchten wir dir heute Danke sagen“, sagte Gisela Krill, Ordensträgerin des Jahres 2019, in ihrer Laudatio. Sie hatte die kostbare Ordenskette mit den Emblemen aller bis dato 43 Ordensträger gleich zwei Jahre lang tragen dürfen, da 2020 Corona-bedingt kein Nachfolger gekürt werden konnte.
Mit Achim Kern wurde aber nun zum 44. Mal ein Karnevalist für sein besonderes Engagement um das rheinische Brauchtum mit der von Kurt B. Wirtz im Jahr 1976 gestifteten Auszeichnung geehrt. „Ich bin sehr gerührt“, sagte Kern, nachdem ihm die amtierende Prinzessin Lale die Ordenskette um den Hals gehängt hatte. Er sei stolz darauf, die Auszeichnung stellvertretend für alle Ehrenamtler entgegen zu nehmen, „die aktiv in der Narrenzunft mitwirken und so dafür sorgen, dass unser Brauchtum erhalten bleibt und der Verein weiterlebt“.
Gefeiert wurde der neue Ordensträger im Rahmen eines gemütlichen Beisammenseins im Propst-Gerhard-Saal. Vorsitzender Ludwig Manderscheid und Präsident Andreas Friedrich konnten insgesamt 84 Gäste begrüßen, so viele wie nie zuvor bei einer Ordensverleihung. „Scheinbar haben die Leute Lust, endlich wieder Karneval zu feiern“, so Pressewart Fritz Wegen. Eine unbeschwerte Feier ließ die momentane Corona-Situation allerdings nicht zu: teilnehmen durften nur Geimpfte oder Genese mit zusätzlichem negativen Corona-Test, eine Tanzdarbietung der vereinseigenen Garden wurde gestrichen. Karnevalistisch für Stimmung sorgten allerdings „De Huusmeister vum Bundesdaach“ – wohl die einzigen, die wirklich wissen, was derzeit im Bundestag los ist, und dies auch sehr zur Freude der Pleeser Jecken ungeniert ausplauderten.
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Quelle: General-Anzeiger-Bonn vom 15.11.2021