Viele Martinsfeuer bleiben aus
Viele Martinsfeuer bleiben aus
Im Siebengebirge laufen die Vorbereitungen für die Martinszüge. Schulen planen interne Veranstaltungen
Von Heike Hamann
SIEBENGEBIRGE. | Gribschen sagen die Düsseldorfer, Schnörzen heißt es vornehmlich im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis. Im Siebengebirge gehen die Jungen und Mädchen Dotzen oder Stotzen: Es sind Bezeichnungen für den Brauch zur Martinszeit, bei dem Kinder mit ihren Laternen von Haustür zu Haustür ziehen, Martinslieder singen und auf eine Spende hoffen. In dieser Woche wird es an etlichen Türen im Siebengebirge klingeln, denn – und das ist die gute Nachricht – nach der coronabedingten Absage im vergangenen Jahr dürfen Martinszüge grundsätzlich wieder stattfinden. Wenn auch mit der ein oder anderen Einschränkung.
In Bonn und Siegburg, aber auch in anderen NRW-Städten waren bereits vor den Herbstferien die zentralen Martinszüge angesichts der unsicheren Corona-Lage abgesagt worden. Nach aktuellem Stand dürfen laut NRW-Gesundheitsministerium Veranstaltungen zum Martinsfest stattfinden und unterliegen keinen Beschränkungen, sofern die Teilnehmerzahl 2500 Personen nicht überschreitet. In diesem Fall gilt die 3G-Regelung, die stichprobenartig kontrolliert werden muss. Liegt die Teilnehmerzahl darunter, wird lediglich das Tragen einer Maske empfohlen, sofern ein Mindestabstand nicht einzuhalten ist. Knackpunkt: Die aktuelle Corona-Schutzverordnung gilt nur bis Freitag, 29. Oktober. Ob und wie sich die Vorgaben angesichts der aktuell wieder steigenden Infektionszahlen danach ändern, ist derzeit nicht absehbar.
An der Grundschule in Selhof laufen bereits die Vorbereitungen. Das Martinsfest hat einen festen Platz im Schulkalender, schließlich ist der Heilige von Tours Namenspatron der Sankt Martinus-Schule. Der Selhofer Martinszug ist einer der ersten im Siebengebirge: Am Freitag, 5. November, geht es für die Kinder ab 18 Uhr durch den Bad Honnefer Ortsteil. „Alle acht Klassen sind dabei, vor und hinter dem Zug gehen wieder zwei Kapellen mit“, erzählt Lehrerin Andrea Plante.
Allerdings: Ein Martinsfeuer, um das sich alle versammeln können, wird es angesichts der Corona-Pandemie nicht geben. „Da wäre es mit den Abständen dann einfach zu schwierig“, so Plante. Auch ein Kakao- und Glühweinausschank ist anders als in den Vorjahren nicht vorgesehen. Um den Umzug und die Wecken, die nach dem Zug verteilt werden, zu finanzieren, gehen die rund 200 Kinder im Übrigen in dieser Woche wieder dotzen. „Trotz der Einschränkungen: Es ist schön, dass in diesem Jahr überhaupt wieder etwas möglich ist“, sagt Plante.
Das findet auch Frank Klein, Vorsitzender des Bürgervereins Berghausen, der am Samstag, 6. November, den Martinszug durch den Königswinterer Bergort organisiert. „Die Resonanz der Menschen hier ist super“, sagt Klein. „Man hat das Gefühl, die Menschen lechzen förmlich nach etwas Normalität.“ Bei der Organisation hätten alle Beteiligten in den vergangenen Jahren zwar reichlich Routine sammeln können. „Trotzdem stemmt man eine solche Veranstaltung natürlich nicht mal gerade so eben“, so Klein.
Am Samstagvormittag wird wie in jedem Jahr gemeinsam Holz gesammelt, abends nach dem Zug das Martinsfeuer entzündet und Sankt Martin verteilt die Wecken. „So zwischen 350 und 380 sind es in jedem Jahr“, schätzt Klein. Zudem gibt es auf dem Dorfplatz Kakao und Glühwein. „Wir werden natürlich auf die Einhaltung der Abstandsregeln achten“, sagt Klein.
Doch dürfe man auch ein Stück weit auf den gesunden Menschenverstand vertrauen. „Wir wissen natürlich nicht, ob und welche neuen Hürden die neue Corona-Schutzverordnung bringt“, räumt Klein ein. „Das hängt schon so ein bisschen wie ein Damoklesschwert über uns. Im allerschlimmsten Fall müssten wir den Martinszug absagen. Aber soweit wird es hoffentlich nicht kommen.“
Das hoffen auch die Kinder in Linz. In Rheinland-Pfalz gilt die aktuelle Corona-Bekämpfungsverordnung bis zum 7. November. Der Martinszug durch die Linzer Innenstadt ist drei Tage später, für Mittwoch, 10. November, geplant. Auch hier ist der Martinstag von besonderer Bedeutung, da der Heilige Martin Patron der Linzer Pfarrkirche ist. Stadtbürgermeister Hans Georg Faust liest die traditionelle Martinsgeschichte auf dem Marktplatz vor, im Anschluss setzt sich der Zug mit Sankt Martin an der Spitze mit Musik und Gesang in Bewegung. Ziel ist das Rheinufer, wo auch in diesem Jahr wieder das traditionelle Martinsfeuer entzündet wird.
Soweit alles wie immer. Doch die aktuellen Corona-Richtlinien machen die Unterschiede aus: Es gilt das Abstandsgebot, wobei die aktuelle Verordnung Ausnahmen für Familien und Gruppen vorsieht. Gemeinsames Singen ist in reduziertem Maße zulässig ebenso wie Musik von Bläsergruppen, sofern das Abstandsgebot gewahrt ist, teilt die Stadt Linz mit.
Und auch über die Verteilung der rund 900 Wecken hat sich die Verwaltung Gedanken gemacht: „Normalerweise werden sie an beiden Seiten der Unterführung an die Kinder verteilt“, berichtet Sabine Potz von der Stadt Linz. In diesem Jahr jedoch gibt die Feuerwehr die süßen Brötchen an mehreren Stellen im Stadtgarten aus. „So können alle besser Abstand halten und tummeln sich nicht alle an einem Platz“, hofft Potz.
Martinszüge im Siebengebirge
Anfang November gehen die ersten Züge
Königswinter
■ Freitag, 5. November, Oberpleis, Kindergarten Pusteblume Oberpleis, ab 18 Uhr
■ Samstag, 6. November, Rauschendorf, Brauchtumsverein Rauschendorf, ab 18 Uhr
■ Samstag, 6. November, Berghausen, Bürgerverein Berghausen, ab 18 Uhr
■ Dienstag, 9. November, Stieldorferhohn, Bürgerverein Stieldorferhohn, ab 18.30 Uhr
■ Donnerstag, 11. November, Oberdollendorf, Gemeinschaftsgrundschule, 18 Uhr
■ Freitag, 12. November, Oberpleis, Evangelischer Kindergarten, ab 17 Uhr
■ Freitag, 12. November, Ittenbach, Villa Kunterbunt Kindergarten, ab 17 Uhr
■ Sonntag, 14. November, Pleiserhohn, Verein Nachbarschaft Pleiserhohn-Thelenbitze, ab 17 Uhr
Meldungen über die Martinszüge der Schulen lagen der Stadt Königswinter am Montag offiziell noch nicht vor.
Bad Honnef
■ Freitag, 5. November, Selhof, St. Martinus Schule, ab 18 Uhr (in diesem Jahr ohne Martinsfeuer)
■ Montag, 8. November, Kindergarten „Die Sonnenkinder“ Aegidienberg-Orscheid, ab 17.30 Uhr (in diesem Jahr ohne Martinsfeuer)
■ Dienstag, 9. November, Rhöndorf, Bürger- und Ortsverein, ab 18 Uhr (für dieses Jahr bisher kein Martinsfeuer angemeldet)
■ Mittwoch, 10. November, Aegidienberg, Katholischer Kirchengemeindeverband, ab 18 Uhr (Martinsfeuer auf dem Sportplatz der Grundschule Aegidienberg)
■ Donnerstag, 11. November, Rommersdorf, GGS Löwenburgschule, ab 17.45 Uhr (für dieses Jahr kein Martinsfeuer angemeldet)
Stand: 25. Oktober; Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Nachmeldungen von Martinszügen bei den Städten und Verbandsgemeinden sind weiterhin möglich.
Quelle: General-Anzeiger-Bonn vom 26.10.2021