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Honnefer Gesellenverein wandert nach Aegidienberg

Gestern machte der kath. Gesellen=Verein den schon seit längerer Zeit in Aussicht genommenen Ausflug nach Aegidienberg


Lokales.
** Honnef, 11. Juli. Gestern machte der kath. Gesellen=Verein den schon seit längerer Zeit in Aussicht genommenen Ausflug nach Aegidienberg, dem sich erfreulicherweise eine stattliche Anzahl von den Herren Ehrenmitgliedern mit ihren Familien angeschlossen hatten. Wegen der ungünstigen Witterung mußten wir auf den kürzeren und interessanteren Waldweg verzichten und unsere Wanderung über die Chaussee machen. Bei gutem Humor und unter lustigen Liedern und Scherzen rückten wir nach nahezu zweistündigem Marsch ins Quartier ein. Die liebenswürdigen Wirthe, die Herren Gebr. Dahm, begrüßten freudig die Gäste, auf die sie zwar in solcher Anzahl nicht gerechnet, deren leibliche Bedürfnisse sie zu befriedigen versprachen. Kaum hatten wir behaglich unsere müden Glieder unter den langen Tischen ausgestreckt, als auch schon der Kaffee in dickbäuchigen von den Vätern ererbten Kannen und die als Spezialität bekannten Platzschnitten, auf breiten Tellern mannhoch aufgespeichert, anschwirrten, die dann mit recht Aegidienberger Bauernbutter belegt in unserem hungerigen Mägen spurlos verschwanden, sodaß die Damen des Vereine immer neue Auflagen aus der Küche zu holen gebeten wurden. Hatte schon gleich anfangs die Fidelitas ihre Rechte auf die Herrschaft mit Erfolg geltend gemacht, so zeigte sich dies noch besonders, als nachher vor jedem eine Flasche vom edlen Gerstenbräu aufgepflanzt wurde. Der Präses, Herr Kaplan Opfergelt, gab seiner Freude Ausdruck, daß so viele an dem gemeinschaftlichen Ausfluge theilgenommen. Er selbst nehme auch stets freudigen Antheil an den vergnügten Stunden, wie der Verein sie biete. Indes sei für ihn der höhere Gedanke maßgebend, bei solchen Veranlassungen frische Begeisterung für die idealen Bestrebungen des Vereins, wie sie sich kund geben in den 4 Wahlsprüchen: „Religion und Tugend, Arbeitsamkeit und Fleiß, Freundschaft und Liebe, Frohsinn und Scherz“, in die Reihen der Mitglieder hineinzutragen. Der hochw. Hr. Pfarrer Schlinkhoven von Aegidienberg, der auf unsere Einladung erschienen und lebhaft begrüßt worden war, richtete ermunternde Worte an die Gesellen und forderte sie besonders auf zur fleißigen Arbeit und Sparsamkeit, um dereinst würdige Mitglieder des Meisterstandes zu werden. Ehrliches Streben verbunden mit weiser Sparsamkeit werde auch heute noch im Handwerk gekrönt. Zur allgemeinen Erheiterung wechselten dann humoristische Vorträge von unseren bewährten Kräften und gemeinschaftliche Lieder ab. Zum Schluß entledigte sich Herr C. Werber noch einer Pflicht der Dankbarkeit gegen die Herren Gastwirthe, die uns so trefflich bedient hatten, ohne unserer Börse wehe zu thun. Kurz nach 8 Uhr brachen wir auf, leider unter anhaltendem Regen, aber ein wackerer Geselle darf auch bei der Ungunst der Geschickesmächte nicht verzagen. Manche konnten zwar mit ihren„wasserdichten“ Stöcken einen ehrlichen deutschen Witz machen, ohne sich aber dadurch vor dem Naßwerden zu schützen.
Gott segne das ehrbare Handwerk.


11.07.1898
Honnefer Volkszeitung