NRW will zweiten Nationalpark

Administrator (admin) on 07.09.2023

Umweltminister: Das Siebengebirge könnte potenziell geeignet sein. Reaktionen vor Ort fallen verhalten aus

NRW will zweiten Nationalpark

Umweltminister: Das Siebengebirge könnte potenziell geeignet sein. Reaktionen vor Ort fallen verhalten aus

Von Claudia Sülzen

DÜSSELDORF/BAD HONNEF |. Im nächsten Jahr wird der Nationalpark Eifel 20 Jahre alt – ein Erfolgsmodell, an das Nordrhein-Westfalen gern mit einem zweiten Großschutzgebiet anknüpfen würde. In einer gemeinsamen Pressekonferenz gaben Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne), Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) sowie Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) am Mittwoch den Startschuss zu einem Findungsprozess für einen zweiten Nationalpark. Gefragt sind dabei die Regionen selbst, hieß es: Eine Vorfestlegung durch das Land gebe es nicht. „Der Erfolg des Naturschutzes hängt von der Akzeptanz der Menschen ab“, so Krischer.

Genau daran hatte es 2009 im südlichen NRW gemangelt: Ein Bürgerbegehren in Bad Honnef gegen einen Nationalpark Siebengebirge führte zum Bürgerentscheid. Eine Schlappe auch für das Land war die Folge: Mit der Mehrheit von 61,1 zu 38,9 Prozent lehnten die Stimmberechtigten die Fortsetzung des Nationalpark-Prozesses ab.

Kaum ein Thema war zuvor so emotional diskutiert worden. Die Linien für und wider den Nationalpark verliefen quer durch Kollegen- und Freundeskreise, sogar durch Familien. Das Landes-Umweltministerium, damals geführt von Eckhard Uhlenberg (CDU), stellte danach die Arbeit am Projekt ein. Das Land habe „ein Angebot gemacht. Davon wird kein Gebrauch gemacht, weil die Honnefer es nicht wollen. Alle weiteren Initiativen sind nun eindeutig in der Region zu entwickeln“, hieß es aus dem Ministerium. Forderungen, dass sich das Land nach dem Nationalpark-Aus finanziell am bereits bestehenden Naturpark beteiligt, wies das Ministerium damit zurück. Der Rest ist Geschichte. Der Verschönerungsverein für das Siebengebirge (VVS) gab die Trägerschaft für den Naturpark ab; Träger ist heute der Rhein-Sieg-Kreis. Ein neuer Wegeplan für das Siebengebirge kam auch ohne Nationalpark. Was nicht kam, waren Landes-Millionen für einen Nationalpark.

Das Geschehene wirkt nach – entsprechend verhalten fielen Reaktionen im Siebengebirge auf die Ini­tiative des Landes aus. Das Thema Nationalpark sei hier „verbrannt“, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Das Spannungsfeld zwischen Natur und deren Nutzung durch den Menschen habe sich – Stichwort Konzerte auf der Insel Grafenwerth in Bad Honnef oder Umbau des Burghofes in Königswinter – verschärft. Auch sei der Naturpark zu klein, um den Vorgaben zu entsprechen.

Umweltminister Krischer hält eine Initiative aus dem Siebengebirge aber durchaus für möglich. Auch wenn es damals eine Entscheidung gegen einen Nationalpark gegeben habe, so Krischer: „Meinungen können sich ändern.“ So wie er das Siebengebirge kenne, sei das „eine Region, die eine potenzielle Nationalpark-Eignung haben könnte“. Landwirtschaftsministerin Gorißen meinte: „Auch das Siebengebirge ist herzlich eingeladen, sich in dieser Findung miteinzubringen.“

Krischer stellte klar, dass das Land keine Suche betreibe und nichts übergestülpt werde. Das gelte auch für vor Ort – auch kontrovers – diskutierte Aspiranten wie das Eggegebirge im Osten von NRW, den Arnsberger Wald im Hochsauerland oder den Rothaarkamm im Kreis Siegen-Wittgenstein, in denen das Land teils Flächen einbringen könnte. Der beste Weg sei es, dem Beispiel des Nationalparks Eifel zu folgen: Das erklärte Interesse dort habe den Stein ins Rollen gebracht und 2004 zur Gründung des ersten NRW-Nationalparks geführt, so Krischer.

Die Ressortchefs ließen an der Bedeutung eines zweiten Nationalparks, vereinbart im Koalitionsvertrag, keinen Zweifel. Nationalparke seien „wesentlicher Teil der Biodiversität“ und damit aktiver Naturschutz, ermöglichten einen sanften Naturtourismus und stärkten die regionale Wirtschaft. Gorißen verhehlte nicht, dass es Sorgen und Vorbehalte gebe, etwa zur Nutzung von Landwirtschaft, Forsten, Jagd und Fischerei, zur Ausweisung von Windenergie oder auch generell zur Nutzung als Freizeit- und Erholungsraum. Gorißen: „Das sind Fragen, die wir ernst nehmen müssen. Deshalb brauchen wir eine sachliche Diskussion. Nur dann kann ein zweiter Nationalpark gelingen.“

Das Verfahren

Interesse bekunden, Antrag stellen, Auswählen

In einem dreistufigen Verfahren sollen Regionen nun zunächst ihr Interesse bekunden; die Initiative dafür könne sowohl aus der Politik als auch aus der engagierten Öffentlichkeit erfolgen, hieß es bei der Pressekonferenz. Gedachter Zeitrahmen: ein halbes Jahr. Danach erfolge ein Antragsverfahren, angelegt an die Anforderungen durch das Bundesnaturschutzgesetz wie die Naturschutzgebietswürdigkeit. Im dritten Schritt, nach Auswahl einer Region, stehe das formale Ausweisungsverfahren an. suc

Quelle: General-Anzeiger-Bonn vom 07.09.2023

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