Weihnachtsbäume - Hochbetrieb vor dem Fest

Administrator (admin) on 20.12.2022

Wenn Tannen durch die Röhre rauschen. Ein Tag als Verkäuferin auf dem Weihnachtsbaumhof der Familie Stockhausen. Das Verpacken will gelernt sein

Weihnachtsbäume

Hochbetrieb vor dem Fest

Schön gerade muss er gewachsen sein, nicht zu dünn und nicht zu breit: Bei der Suche nach dem richtigen Weihnachtsbaum gelten in Familien nicht selten strenge Regeln. Vor dem Fest herrscht zum Beispiel auf dem Weihnachtsbaumhof der Familie Stockhausen in Aegidienberg Hochbetrieb. Dass bei der Arbeit unter freiem Himmel auch körperlicher Einsatz gefragt ist, hat GA-Autorin Marie Schneider am eigenen Leib erfahren.

 

Wenn Tannen durch die Röhre rauschen

Ein Tag als Verkäuferin auf dem Weihnachtsbaumhof der Familie Stockhausen. Das Verpacken will gelernt sein

 

Von Marie Schneider

AEGIDIENBERG. | Der drei Meter hohe Weihnachtsbaum bewegt sich kein Stück. Immer wieder ziehe ich mit aller Kraft am Stamm, lehne mich nach hinten – aber er rutscht höchstens ein paar Zentimeter nach vorne. Gar nicht so einfach, einen Weihnachtsbaum zu verpacken. „Ein paar Mal hintereinander ruckartig, dann geht es besser“, erklärt mir Jörg Stockhausen vom gleichnamigen Weihnachtsbaumhof in Aegidienberg. Und tatsächlich: Mit einem festen Ruck schaffe ich es, den Baum durch die metallene Röhre zu ziehen und ihn in sein Netz zu wickeln. Einen Tag lang helfe ich Familie Stockhausen beim Verkauf auf ihrem Hof. Wie läuft das Geschäft im Inflationsjahr 2022?

Bereits seit zehn Jahren kommen Ingo Werres und Claudia Königs mit ihren Kindern zum Weihnachtsbaumhof Stockhausen, um ihren eigenen Weihnachtsbaum abzusägen. „Das ist immer ein tolles Event für die Kinder“, berichtet Königs. Ihr zehnjähriger Sohn hält stolz die Säge in die Luft: „Ich habe nur vier Minuten gebraucht, um den Baum abzusägen“, sagt er. Jedes Jahr freue er sich darauf, beim Weihnachtsbaumkauf helfen zu dürfen. Dabei sind die Kriterien für die perfekte Tanne bei der Familie besonders streng: Höhe und Ausladung müssen stimmen und – ganz wichtig – unterhalb der Spitze müssen genau sechs Äste wachsen. Trotz der hohen Anforderungen hat die Familie ihren Baum schon nach 20 Minuten gefunden.

Einige Kunden kommen laut Stockhausen bereits im Oktober, um sich einen Baum auszusuchen. Auf sieben Hektar Fläche um den Hof herum baut die Familie seit etwa 50 Jahren Weihnachtsbäume an. „Mein Opa hat damit angefangen“, erinnert sich Jörg Stockhausen. Lange Zeit haben die Menschen in der Region einfach Fichten aus dem Wald als Weihnachtsbäume eingesetzt, erklärt Senior Klaus Stockhausen: „Der Baum wurde dann nur mal angemacht, wenn Gäste da waren.“

In den Räumen wurde damals kaum geheizt. Als sich allerdings immer mehr Haushalte eine Heizung leisten konnten, gingen die Fichten laut Stockhausen schnell ein. So kam sein Vater auf die Idee, bewusst Blaufichten und Nordmanntannen auf einer kleinen Fläche anzupflanzen – denn diese bleiben in Wohnungen länger frisch. Die anfängliche Idee wuchs – wortwörtlich – immer weiter. Heute hat die Familie noch drei Sorten im Angebot: Nobilis- und Nordmanntanne sowie Blaufichte. In einem Jahr verkaufen die Stockhausens „weit über 1000“ Weihnachtsbäume. In den vergangenen zwei Jahren war das Geschäft aufgrund der Pandemie besonders gut: „Die Leute sind nicht weggefahren, sondern eher zu Hause geblieben. Dafür wollten sie es dann aber besonders gemütlich haben“, erklärt Jörg Stockhausen. In diesem Jahr mache sich hingegen die Inflation langsam bemerkbar. „Man muss immer am Ende abrechnen, aber es könnte sein, dass in diesem Jahr weniger Menschen einen Baum kaufen werden“, prognostiziert Stockhausen. Hinzu komme, dass viele Menschen an Weihnachten wieder unterwegs seien, deshalb geht er davon aus, dass die Zahlen im Vergleich zu 2021 rückläufig sein werden.

Ein Traktor mit Anhänger biegt auf den Hof ein. Er bringt eine neue Ladung Bäume. Und schon heißt es für mich: Anpacken und die Tannen nach Größe sortieren. Ich konzentriere mich zunächst auf die kleinen Exemplare – sie sind schließlich deutlich leichter. Aber dann sehe ich, wie Stockhausen die großen Bäume über den Boden zieht. „Das kann ich auch“, denke ich. Es ist angenehm, draußen bei Tannenduft zu arbeiten. Aber langsam merke ich doch, wie anstregend es ist, den ganzen Tag Tannen hin und her zu tragen. Jörg Stockhausen hat damit schon Anfang Dezember angefangen – dann startet der Verkauf. Die meisten Bäume verkaufe er immer am letzten Wochenende vor Weihnachten. Rund 25 Helfer sind dann im Einsatz. Am dritten Adventswochenende waren es etwa 15. „Das Schlimmste ist dann die Parkplatzverteilung. Wir haben allein vier Leute die sich dann nur darum kümmern“, sagt Sockhausen. An Heiligabend selbst würden nur noch etwa 20 Kundinnen und Kunden ihren Baum aussuchen – dann gebe es nur noch eine Restauswahl.

Obwohl die Familie einen Großteil der Bäume kurz vor Weihnachten verkauft, hat Stockhausen in den vergangenen Jahren doch ein anderes Kaufverhalten bemerkt: „Der Trend geht ein bisschen dahin, dass die Leute schon früher kommen, weil sie eher einen Adventsbaum kaufen wollen.“ Dieser bleibe dann nicht mehr bis Anfang Januar stehen, sonders werde bereits zwischen Weihnachten und Neujahr wieder abgebaut.

Eine ein Meter große Nordmanntanne kostet auf dem Hof 20 Euro. Die Blaufichten sind etwas günstiger. „Aber die Nordmanntanne ist mit Abstand am beliebtesten“, sagt Stockhausen. Nur etwa zehn Prozent der verkauften Exemplare seien Blaufichten. Die durchschnittliche Größe der verkauften Bäume liege zwischen 1,90 Meter und 2,40 Meter.

Trotz Inflation habe die Familie die Preise in diesem Jahr noch nicht erhöht. „Die Bäume wachsen ja zehn bis zwölf Jahre. Das heißt, wir hatten für die diesjährigen Bäume nicht wirklich Mehrausgaben. Im kommenden Jahr werden wir die Preise aber vermutlich leicht erhöhen müssen“, so Stockhausen. Durch die Metallröhre zum Verpacken wird ein Baum nach dem anderen gejagt. Das Netz ist bald aufgebraucht. Ich helfe Jörg Stockhausen dabei, ein Neues einzulegen. „Da sind immer etwa 300 Meter drauf“, sagt er. An diesem Sonntag reicht das für etwas mehr als eine Stunde aus. Zeit für Pausen gibt es äußerst selten. Es fängt an, zu dämmern – allmählich sehne ich mich nach einer Tasse Tee und einer warmen Decke, damit meine durchgefrorenen Hände und Füße wieder zum Leben erwachen.

„So langsam hast du den Dreh raus“, sagt Profi Jörg Stockhausen, als ich den nächsten großen Baum durch die Röhre hieve. Na immerhin klappt das mittlerweile gut. Den Tee habe ich mir wohl verdient.

 

Hauptanbaugebiet NRW

So viele Tannenbäume kaufen die Deutschen

Laut dem Bundesverband der Weihnachtsbaumerzeuger (bvwe) werden im privaten Bereich pro Jahr etwa 23 Millionen Weihnachtsbäume verkauft. 90 Prozent dieser Bäume seien in Deutschland angebaut worden. „Das Hauptanbaugebiet ist Nordrhein-Westfalen mit dem Sauerland“, sagt Eberhard Hennecke, erster Vorsitzende des Verbands. Sieben Millionen Tannen werden dort pro Jahr geerntet.

Dass die Menschen in diesem Jahr aufgrund der Inflation am Weihnachtsbaum sparen, glaubt Hennecke nicht: „Der Weihnachtsbaum ist kein Artikel, der nach Preis gekauft wird. Es ist ein emotionales Produkt.“ In Befragungen der Verbandsmitglieder sei diese Annahme unterstrichen worden. snm

Fotos zum Artikel bei ga.de

 

Quelle: General-Anzeiger-Bonn vom 20.12.2022

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