Die Schlacht im Siebengebirge

"Die Schlacht im Siebengebirge" scheint nach neueren Nachrichten doch stark nach ihrer blutigen Seite hin übertrieben worden zu sein.

Die Schlacht im Siebengebirge

Aus Honnef schreibt man uns:

"Die Schlacht im Siebengebirge" scheint nach neueren Nachrichten doch stark nach ihrer blutigen Seite hin übertrieben worden zu sein. Insbesondere ist es in Honnef selbst nicht zu irgend einer Kampfhandlung gekommen. Die wackeren Landleute von dem gut besiedelten Höhenrücken, der sich in nordsüdlicher Richtung von Brüngsbach bis Rottbitze hinzieht, haben den heraufziehenden Feind nach ihrer Art und mit ihren Waffen empfangen und geschlagen, gründlich geschlagen. Ein Massengrab auf dem Friedhofe von Aegidienberg, dem Kirchhofe jener Siedlungen, zeugt davon. Der erste Bericht spricht von 14 - 20 Toten, und diese Zahl wird der Wahrheit vielleicht nahe kommen. Hilfe haben die Landleute von den verschiedensten Seiten erhalten, so besonders aus Siegburg und Köln von Kommunisten. In Honnef und den umliegenden Dörfern laufen die tollsten, unkontrollierbaren Erzählungen um, die wohl die Grundlagen zu den Berichten in der Kölner Presse abgegeben haben. Demnach hätten sich wirkliche Heere gegenübergestanden, die mit Maschinengewehren und Handgranaten nach einen richtigen Schlachtplan gearbeitet, dessen Endresultat darin bestehen sollte, die ganze Sonderbündler-Gesellschaft im Rhein zu ersäufen. Schützengräben und Baumverhaue waren bestimmt, den sondebündlerischen Vormarsch aufzuhalten. Voll Begeisterung erzählte ein Mitkämpfer, wie ein auf die Höhe rollender Lastkraftwagen, vollgepropft mit Sonderbündlern, ein, zwei, drei Handgranaten erhalten und in Brand geraten und in die Luft geflogen und alle - "die drin saßen, waren erledigt!" Da zieht von der Asbacher Straße ein Pfad, ein Weg quer über die Höhen, das obere Pleistal, nach Aegidienberg - der sogenannte Butterweg. Hier wurden die anstürmenden Sonderbündler warm empfangen, hier hat die bäuerliche Art fürchterlich gearbeitet. "Und die Maschinengewehre und das Schießen!" Herr! Sie glauben es nicht; es war fürchterlich! Die Haare richteten sich einem zu Berge. - Ja! Bei den Sonderbündlern waren böse Burschen. Einer armen Frau haben sie die Eier ausgetrunken, einen harmlosen Major nach dem Rathause geschleppt und bis zum anderen Morgen dabehalten. Dem Kurhauswirten den ganzen Silberschatz gestohlen und unseren guten Kaplan im Hemde nach der Wachstube geschleppt; er hatte einigemale in der Nacht sein Licht an- und ausgedreht und das hatten die Burschen als Lichtsignale nach den Beregen zu aufgefaßt. Als man die Brüder dann auf den geistlichen Charakter ihres Gefangenen aufmerksam machte, ließen sie ihn ziehen und wollten ihm noch Geld für die Armen geben. Herr! Herr! Es war schlimm die drei Tage in Honnef. Gott sei Dank, daß sich die ganze Geschichte mehr um das Rathaus abspielte. Na, da kamen dann die Franzosen und schoben die Brüder, die sich im Kurhaus und in einigen Hotels breitmachten, schleunigst ab! - - Aber die eigentliche Schlacht, ja, die war oben im Schmelzertale: da hat es böse hergegangen. Hier in der Stadt hörte man sogar die Schüsse. Die Sonderbündler erklärten später selbst sie hätten schon so manchen Kampf führen müssen, aber so heiß, wie es an dieser Ecke, bei Honnef zugegangen, so etwas hätten sie noch nicht erlebt!"

So und in noch anderen Erzählungen ergehen sich die Leute im Honnefer Gebiet. Eines ist sicher, möge auch die Zahl der Toten, die Entsetzlichkeiten der Kampfhandlungen übertrieben sein, die wackeren Bewohner des Westerwaldes haben sich die Sonderbündler vom Halse zu halten gewußt.


24.11.1923
General Anzeiger