Das Schicksalsjahr 1923

Rückblick und Erinnerung - Von Otto Rippel
Der wilde Separatismus

Das deutsche Schicksalsjahr 1923

Rückblick und Erinnerung
Von Otto Rippel

IV.

Der wilde Separatismus
Zu den dunkelsten Kapiteln der deutschen Geschichte im Schicksalsjahr 1923 gehört das des Separatismus, der Loslösungsbestrebungen von Preußen und vom Reich durch gekaufte und im Dienste Frankreichs stehender Elemente. Die Zerschlagung der Einheit Deutschlands durch die Gewalt der Waffen war Frankreich nicht gelungen. Nun hoffte man auf ehrloses deutsche Gesindel, das unter dem Schutze der Besatzungstruppen die Rheinlande und die Pfalz vom Reiche losreißen und zu Puffer=Republiken zwischen Deutschland und Frankreich ausrufen werde.
Der Franken rollte. Die preußische Regierung, die einen freireligiösen Atheisten, den Gottesfeind Zehn=Gebote=Hoffmann von der Sozialdemokratie, zum Kultusminister duldete, unterstützte damit indirekt den Separatismus. Kultusminister Hoffmann, ein in jeder Beziehung brüchiger Charakter, verbot das Schulgebet, propagierte die weltliche Schule, setzte religionslose Schulräte ein und trieb eine ekelhafte kirchenfeindliche Politik. Die Volksschullehrer entdeckten massenhaft ihr marxistisches Herz und waren furchtbar „freigeistig" und teilweise liefen sie von Haus zu Haus, um eine „weltliche“ religionslose Schulklasse zusammenzubringen. Dieses Treiben häßlicher Konjunkturjäger erfüllte die streng christliche Bevölkerung Westdeutschlands mit einem Widerwillen gegen die Berliner Regierung, die den separatistischen Bestrebungen Wasser auf die Mühle lieferte.
Schon 1919 trat der Wiesbadener Staatsanwalt und Reserveoffizier Dr. Adam Dorten, der im Amtsgerichtsrat Dr. Liesching aus Mainz und dem Pastor Dr. Cremens treue Mitarbeiter fand, für die „Rheinische Republik“ ein. Dr. Dorten war nicht nur ein Landesverräter, sondern auch ein moralisch verkommener
Mensch. Sein Unternehmen kostete Frankreich Millionen Franken, scheiterte aber kläglich an der Reichstreue der rheinischen Bevölkerung. Frankreich erkannte den eitlen Dr. Dorten und feuerte ihn zu neuen Taten an, daß es neue Männer wie der Landwirt Heinz aus Arbis in der Pfalz, Matthes aus Würzburg, Smeets in Köln, Deckers in Aachen und viele andere ehrlose Verbrecher in seine Dienste nahm. Verbrecherisches Gesindel aus ganz Deutschland, Zuchthäusler, Deserteure und „strebsame“ Leute fanden sich zusammen bei Herrn Tirard, dem französischen Oberkommissar in Koblenz, ließen sich die Taschen mit Geld füllen, stellten eine bewaffnete „Rheinische Garde“ auf, die die Bevölkerung ausplünderte, verfolgte und so für den Separatismus zu gewinnen versuchte. Die „Rheinische Staatszeitung", die „Freien Rheinlande", „Rheinische Tageszeitung“ und zahlreiche andere Organe wurden gegründet und von Frankreich bezahlt, um der „guten Sache" zu dienen. Besonders schamlos und vor keinem Verbrechen zurückscheuend, trieb es der Würzburger Matthes, der in Düsseldorf sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Er feuerte die französische Soldateska zu Grausamkeiten gegen die Bevölkerung an, erließ am 29. September einen Aufruf an General Degoutte, in dem es heißt: „Das rheinische, unverpreußte Volk sieht ein, daß Sie nur Ihre Pflicht tun. Es gibt Deutsche, welche meinen, daß Sie eher eine zu milde, als zu strenge Hand haben, weil die preußische Perfidie nicht hart genug angefaßt werden kann.“ —— Der Verräter Matthes ist auch der Urheber des Blutsonntags von Düsseldorf vom 30. September 1923. Aus dem ganzen Rheinland waren die Separatisten in Sonderzügen herangeholt worden. Eine große Parade sollte stattfinden. Die Polizei, die die Demonstration verhindern sollte, erhielt sofort Feuer. Als die
drei ersten Verwundeten in die Polizeikaserne zurückgebracht wurden, gab Polizeioberleutnant Pohl auf eigene Faust den Befehl zum geschlossenen Angriff auf die Separatisten. Der schneidige Abwehrangriff hatte Erfolg. Die Separatisten flohen entsetzt zum Bahnhof. Zehn Tote, darunter die Polizeibeamten Esch, Göndler und Mertens, sowie 74 Verwundete blieben auf dem Kampfplatz. Der Separatismus aber hatte eine Niederlage erlitten. Die Schupo hatte mit ihrem Blute den Staat gerettet!
Die Lage wurde immer kritischer. Herr Tirard trieb seine Agenten an. Paris verlangte Taten für seinen Millionensegen. Nun schlug Heinz Arbis los. Bei einem Gefecht bei Hanhofen verlor er acht Tote seiner bewaffneten Bande. Das wirkte für kurze Zeit.
Auch der Separatist Smeets war von einem jungen Kölner Aktivisten kampfunfähig gemacht.
Die Ereignisse überstürzten sich. Dr. Dorten hielt seine Zeit für gekommen, „überzeugt, daß Frankreich alles tun würde, um ihnen zu helfen, das preußische Joch abzuschütteln“. Wir tagten als Vierzehnerausschuß für das besetzte Gebiet im Kölner Rathaus, als eine Hiobsmeldung nach der anderen einlief. In Aachen war ein Sonderzug bewaffneter Separatisten eingelaufen und der Aachener Verräter Deckers führte sie siegestrunken. Da kam, auf Interpellation Englands, der Befehl zur Entwaffnung und die reichstreue Bevölkerung trieb das separatistische Verbrechergesindel aus Aachen hinaus. In Düren, Krefeld, Duisburg, Mainz, Wiesbaden, Bingen, Worms und in der Pfalz, von überall kamen die Meldungen von dem siegreichen Vordringen des Verrätertums. Die Besatzungsarmee schützte und unterstützte überall die Landesverräter. Am 16. November rückten 3000 bewaffnete Separatisten in Honnef ein. In der Eifel, auf dem Hunsrück, überall wurde die Bevölkerung beraubt, ausgeplündert, Geiseln verschleppt und schlimme Verwüstungen angerichtet. Die Besatzungstruppen sahen triumphierend zu und Herr Tirard meldete nach Paris, daß Frankreichs Ernte reif sei und der Zerfall Deutschlands eine Frage von Tagen sei. Ministerpräsident Poincare meldete der Kammer, daß soeben Meldungen aus dem Rheinlande eingelaufen seien, die große staatspolitische Veränderungen in Deutschland ankündeten. Die Kammer war begeistert!
Die große Wende
Doch das Maß war voll. Die Bevölkerung griff zur Selbsthilfe mit der Waffe in der Faust. Ohne Schutz, wehrlos den bewaffneten französischen Banden preisgegeben, griffen sie zum Letzten, zur Gegenwehr auf Tod und Leben!
In der Eifel marschierten die Bauern nach Wittlich und stürmten das Hauptquartier der Verräter. Im Siebengebirge, bei Honnef, Hövel, auf dem Aegidienberg sammelten sich die Bauern und Bürger und lieferten den separatistischen Banden eine regelrechte Schlacht, bei der die Verräter geschlagen und vertrieben wurden. Auch hier wurde mit dem Leben und Blut tapferer deutscher Freiheitskämpfer die Einheit des deutschen Reiches gerettet. Die „Schlacht im Siebengebirge" brachte die Entscheidung. Der Separatismus war auf dem Rückzuge.
Am festesten aber saß der Separatismus in der Pfalz. Erst im Februar 1924 gelang es hier, ihm den Garaus zu machen. Am 9. Januar 1924 wurden Heinz=Orbis und seine Spießgesellen in ihrem Hauptquartier im Wittelsbacher Hof in Speyer von jungen, vaterländischen Aktivisten als Vollstrecker des deutschen Rechtes erschossen. Das war eine entscheidende Tat für die Pfalz. Am 12. Februar fand die Erstürmung des Bezirksamtes in Pirmasens statt. Die Separatisten halten sich darin festgesetzt. Sechs Stunden dauerte der Kampf. Das Bezirksamt ging in Flammen auf. 14 Separatisten und 8 deutsche Freiheitskämpfer fanden dabei den Tod.
Damit war der wilde Separatistenspuk erledigt. Paris trug eine Hoffnung zu Grabe. Aber es war noch nicht die letzte Hoffnung.
Nicht die deutsche Diplomatie, nicht die Kunst der Berliner Staatsmänner, sondern allein der so viel verlästerte und geschmähte Abwehrgeist und Wille tatbereiter aktivistischer deutscher Kämpfer, Bauern, Arbeiter und Bürger haben Deutschlands Einheit gerettet

 


05.11.1933
Das Volk